SPD Singen

Gefährliche Linienführung

Veröffentlicht am 15.06.2012 in Landespolitik

Hans-Peter Storz und weitere Abgeordnete und Bürgermeister aus dem Kreis Konstanz wehren sich gegen den Vorschlag, die Gäubahn über Tübingen und Reutlingen nach Stuttgart einzuführen. Fahrzeiten würden länger werden, warnen sie in einem offenen Brief an das Verkehrsministerium. Bild: Andreas Hackenjos

Der Vorschlag war aus der Region Neckar-Alb im Rahmen des Filder-Dialogs eingebracht worden. Im Filder-Dialog soll nach der optimalen Verbindung der Gäubahn mit der Schnellbahntrasse Stuttgart - Ulm gesucht werden. Während das Verkehrsministerium einen Anschluss auf der alten Gäubahn bevorzugt, will die Bahn die Gäubahn über den neuen Filderbahnhof am Flughafen führen. Strittig ist bei diesem Modell, dass Fernzüge und S-Bahnen ein Gleis teilen. Als Alternative wurde ein Trassenneubau entlang der Autobahn ins Gespräch gebracht. Diese würde jedoch Mehrkosten nach sich ziehen.

Der offene Brief hat folgenden Wortlaut:

Gäubahnanbindung der Bodenseeregion und der Schweiz

Sehr geehrter Herr Minister Hermann, sehr geehrter Herr Weitz,

auf Vorschlag einiger Regional- und Kommunalpolitiker der Region Neckar-Alb wurde für den am kommenden Samstag beginnenden "Filderdialog", neben den bereits vorgeschlagenen Varianten zur Trassenführung der Gäubahn zum Stuttgarter Hauptbahnhof, überraschend eine neue Anbindungsvariante der Bodenseeregion und der Schweiz an die Landeshauptstadt mit einer Linienführung über Horb – Tübingen – Reutlingen in das Auswahlverfahren mit aufgenommen.

Wir möchten uns deutlich gegen die im Schreiben der Landräte und Oberbürgermeister der Region Neckar-Alb geforderte Planungsvariante aussprechen, da durch eine Streckenführung über Tübingen und Reutlingen nicht nur eine verbesserte Anbindung der Bodenseeregion an den Fernverkehrsknoten Stuttgart verhindert wird, sondern darüber hinaus die Umsetzung des vereinbarten und wirtschaftlichen Sanierungskonzept der Gäubahn stark in Frage gestellt wird.

Wie Ihnen bekannt ist, hat sich Deutschland im Staatsvertrag von Lugano bereits im Jahr 1996 dazu verpflichtet, die Reisezeit zwischen Stuttgart und Zürich auf 2 Stunden 15 Minuten bis zum Jahr 2012 zu reduzieren. Bislang sind wir (mit Fahrtzeiten von mindestens 2:58 Stunden) von dieser Zielsetzung weit entfernt: Obwohl die Schweizer SBB die für die Erreichung dieser Zielsetzung erforderlichen Maßnahmen bereits weitgehend umgesetzt hat, sind auf dem Streckenabschnitt auf deutscher Seite bislang keine nennenswerten Verbesserungen erfolgt. Eine 30 km längere Streckenführung der Anbindung der Bodenseeregion und der Region Zürich über die bislang noch nicht einmal
elektrifizierte und eingleisige Strecke Horb – Tübingen würde die Anbindung der Region über den derzeit bestehenden – kaum hinnehmbaren – Status quo weiter verschlechtern und zu einer Fahrzeitverlängerung von ca. 20 Minuten führen. Die im Staatsvertrag mit der Schweiz vereinbarten kürzeren Reisezeiten wären mit dieser Trassenvariante endgültig nicht mehr realisierbar.
Wir alle wollen die Bahn als Alternative zu PKW und Flugzeug aufwerten. Der Umweg über die Neckar-Alb-Strecke wurde die Fahrzeit verlängern und die Gäubahn unattraktiv machen.

Darüber hinaus ist es unserer Auffassung nach indiskutabel, dass die Strecke Zürich – Stuttgart, welcher internationale Bedeutung zukommt, zu einer Strecke durchs Ländle herabgestuft wird. Die Verzögerungen bei der Ertüchtigung der Gäubahn wurden über Jahre hinweg durch mangelnde Finanzmittel begründet. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass nun angedacht wird, die Verbindung über eine bislang nicht elektrifizierte, geschweige denn zweigleisig ausgebaute Strecke zu führen.

Es ist durchaus verständlich, dass sich die Region Reutlingen-Tübingen für eine verbesserte Anbindung an die Landeshauptstadt ausspricht und in einer Aufwertung der Neckar-Alb-Strecke eine Chance für die langerwartete Elektrifizierung sieht. Dennoch darf eine verbesserte Anbindung des Oberzentrums Reutlingen-Tübingen nicht auf Kosten der Anbindung der gesamten westlichen Bodenseeregion sowie der Schweiz erfolgen.

Sehr geehrter Herr Minister Hermann, sehr geehrter Herr Weitz, wir möchten Sie eindringlich bitten, im Rahmen des Filderdialogs deutlich zu machen, dass die im Vertrag von Lugano festgeschriebene Fahrtzeitverkürzung auf 2 Stunden 15 Minuten von der Landesregierung als verbindlich und prioritär angesehen wird und dass alles unternommen werden muss, damit diese Zielsetzung so schnell wie möglich realisiert werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Homepage Hans-Peter Storz, SPD-Landtagsabgeordneter für Singen, Hegau, Stockach