SPD Singen

Kinder, Kegel und Karriere

Veröffentlicht am 02.07.2015 in Veranstaltungen

Marc Brost und Christine Finke lasen in Konstanz

(frö) Es ist jetzt schon ein Bestseller, „Geht alles gar nicht“, das neue Buch des Autorenpaares Marc Brost und Heinrich Wefing. Brost ist Leiter des Hauptstadtbüros der Wochenzeitung DIE ZEIT, Kollege Wefing Mitglied der politischen Redaktion der selben Zeitung. Auf Einladung von Landesminister Peter Friedrich war Brost nach Konstanz gekommen, um aus dem Buch zu lesen und sich zum Thema Vereinbarkeit von Familie mit Beruf und Karriere den Fragen der anwesenden Gäste zu stellen.

. Ebenfalls anwesend war die Konstanzer Gemeinderätin  und Bloggerin Christine Finke, deren Notizen aus dem ganz normalen Alltag einer allein erziehenden Mutter gut zum Thema des Buches passten.

Brost hat keine dröge wissenschaftliche Abhandlung verfasst, sondern erzählt Geschichten aus seinem Alltag als Vater. Liebevoll und sensibel  schildert er etwa die Nöte der Eltern, wenn das Kind krank ist und morgens nicht zur Schule gehen kann und dabei die Crux entsteht, dass eigentlich beide Eltern gar keine Zeit haben, sich zu kümmern. Es funktioniert dann irgendwie doch. Irgendwie eben. Kinder und Karriere unter einen Hut bringen, das ist ein Drahtseilakt, ständig sind Eltern vom schlechten Gewissen geplagt, dass sie zu wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen. „Sind wir gerne Väter?“ frägt Brost. „Ja, absolut“. Das ist nicht das Problem. Man denkt man sei prima organisiert, in Wahrheit ist es aber die Hölle. Stress, ständige Nervosität, schlechtes Gewissen, Schlaflosigkeit. Wo bleibt die Liebe? Wo die Entspannung?

Die Autoren prangern natürlich die Politik an, hier wird einfach immer noch zu wenig getan, um Eltern zu entlasten. Positive Beispiele sind die Skandinavischen Staaten, in denen es selbstverständlich ist, dass die Eltern um 16 Uhr Feierabend machen, um sich danach um die Kinder kümmern zu können. „Kapitalismus killt Liebe“ heißt es in dem Buch, das passt, die Autoren erklären anschaulich, wieso das so ist. Es geht auch ums Pläne schmieden, um die guten Vorsätze und die immer wieder auftretenden Frustrationen, wenn es nicht so läuft wie geplant. Job kills Love, möchte man auch meinen. Was kosten Kinder, können wir uns das überhaupt noch leisten?

Marc Borst / Heinrich Wefing: Geht alles gar nichtBrav trotzen Eltern den Krisen am Finanzmarkt, brav wird gearbeitet, und brav bleibt man in der Alltagsmühle und bemerkt viele Unzulänglichkeitenn erst dann, wenn es für ein Ändern schon fast zu spät ist. Die Autoren schildern aus der Sicht der Väter, sie sind aufgefordert, ein neues Rollenverständnis zu entwickeln. Kann die Politik überhaupt an einer Lösung der Probleme mitarbeiten? Oder sind unsere Volksvertreter gar nicht in der Lage, die Probleme vieler Eltern nachzuvollziehen?

Das frägt sich auch die Bloggerin Christine Finke. Sie entwirft Szenarien aus dem Alltag, berichtet von Unzulänglichkeiten bei der Erziehung, allein erziehend mit einem Kind oder mehreren, aber auch Eltern, die nicht klarkommen mit dem Spagat von Familie und Karriere. Kinder brauchen natürlich all die Aktivitäten neben der Schule, Fußball oder Ballett, Schwimmverein oder Kino. Doch wer bezahlt das alles, viele Eltern passen jetzt schon in ein Armutsraster, das so nicht sein darf. Finke ist kritisch und sie hat Recht, denn obwohl wir in einer Gesellschaft des Überflusses leben, bleiben doch viele Bedürfnisse unbefriedigt.

Auch Peter Friedrich weiß vom Spagat Kinder/Karriere zu berichten, er hat einen Job, der nur wenig Zeit für seine beiden Kinder lässt. Er spricht sich in der anschließenden Diskussion dafür aus, dass ein wichtiger Schritt getan wäre, würden beispielsweise die Schulen alle Aufgaben für die Kinder in der Schule belassen, so dass die Kinder dann, wenn sie Zuhause sind, auch wirklich die Freizeit haben, die sie brauchen.

Alle waren sich darüber einig, dass die Politik zu wenig für Alleinerziehende tut. Das war einer der Kernpunkte des Abends. Lange wurde noch diskutiert, so geben die beiden Autoren denn auch den Anstoß zu einer notwendigen Debatte.

Marc Brost und Heinrich Wefing: „Geht alles gar nicht“, Rowohlt Verlag, 239 S., 16.95 Euro

Bild: Christine Finke, Peter Friedrich und Marc Brost (v.li.)

 

Text und Foto: Johannes Fröhlich

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